Skug
Interviewed by David Krispel
March 2001
http://skug.at
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Cut heisst das label, auf dem Jason Kahn seine eigene Musik veröffentlicht.
Neben den stets formschön in Karton verpackted CD's von Repeat, dem
beständigen Duo mit Mischpult-Meister Toshimaru Nakamura, erscheinen
dort seine Soloscheiben mit minimaler Schlagzeugmusik ("Drums and Metals")
oder spärisch/repetitiven Soundtüfteleien ("Analogues").
Mit Trost gibt es jetzt auch einen Österreichvertrieb für das
Label. Cut hiess auch die 1993 mit dem Gitarristen Birger Löhl gegründeted
Band, die für Kahn eine Rückkehr zum expressiven Schlagzeugspiel
bedeutete, in der man auch seine frühen Punkvorlieben für Bands
wie The Fall, Wire oder Pop Group durchhören konnte. Seine Vergangenheit
bei Universal Congress Of oder Cruel Frederick hat die Music von Cut natürlich
ebenso mitdefiniert. Nach einer Aufstockung zum Trio durch den Saxophonisten
Gregor Hotz kam nach der ironischerweise "Music That Will Live Forever"
betitelten zweiten CD das Aus. Kahn führt es auf schlechtes Timing
zurück. Dem zu dieser Zeit in Berlin lebenden Musiker wurde die rasche
Änderung der musikalischen Landschaft quasi vor der Hausttür vor
Ohren geführt. Mit dem explizit expressiven Schlagzeugspiel ist es
seither vorbeit, und kahns Betätigungsfelder fasern bis heute immer
weiter aus. Er lebt heute in Zürich, veranstaltet dort Konzerte für
neue elektronsiche und improvisierte Musik ("sonique serie") und
betreibt sein label, auf dem er in Zukunft auch andere Musiker veröffentlichen
will.
Skug:
War der Umzug nach Europa auch mit einem musikalischen Bruch verbunden?
Jason Kahn:
Ich spielte schon in L.A. bei verschiedenen Gruppen und Projekten, aber
in Berlin war es natürich schon etwas anderes. Da machte ich viel improvisierte,
nicht auf Gruppen fixierte Musik (u.a. mit Sainkho Namtchylak, David Moss,
Evan Parker, Christian Marclay).
Obwohl es auch Impro-Gruppen gibt, die jahrelang zusammenspielen. Es hat
mich schon in L.A. interessiert, von den Gruppen wegzukommen, mit verschiedenen
Leuten zu spielen.
Skug:
Wollten Gruppen wie Universal Congress Of oder Cruel Frederick nicht auch rockdominierte Bandkonzepte verlassen?
Jason Kahn:
Es ging zwar weg von den üblichen Rockkonzepten, hatte anderseits dennoch
viel damit zu tun. Eine Rock- oder Jazzgruppe hat einen bestimmten Sound.
Wenn du John Coltrane oder die Stooges hörst, merkst du sofort, welche
Gruppe da spielt. Bei den zwei von dir erwähnten Gruppen ging es darum,
das auch zu schaffen, einen eigenen Sound zu haben. Bei improvisierter Musik
ist das nicht immer möglich. Wir haben immer viel geübt and getourt.
Das wahr sehr wichtig, um eine gewisse Chemie entstehen zu lassen, aus der
heraus sich dann ein richtiger Sound entwickeln konnte.
Skug:
Kam die Liebe zum Jazz durch diese Gruppen?
Jason Kahn:
Das ging bei mir schon 1981 los, als ich anfing Schlagzeug zu spielen. Ich
habe mich sofort für diese Art Jazz und amerikanische Minimal Music
begeistert; die üblichen grossen Namen. Es ging nicht mit UCO los,
aber diese Gruppe hat mir die Chance gegeben, diese Musik zu spielen. Damals
hattte man nicht so leicht die Möglichkeit, Ornette-Coleman-Stücke
zu spielen, es sei denn, man fand Jazzer, die das super tipptopp spielen.
Das waren wir eben nicht und das war der Reiz der Sache. Wir hatten einfach
den Wunsch, diese Musik zu spielen, obwohl wir keine Supercracks waren.
Skug:
Wie kamst du zu Arnold Dreyblatt?
Jason Kahn:
Nochdem er die CD für Tzadik aufgenommen hat, wurde ich engagiert,
den Schlagzeuger bei einer von Dreyblatt gestalteten Multimediashow in Prag
zu ersetzen. Das dauerte eine Woche und war ein Mix aus Dias, Text und Musik.
Das Stück hiess "Who's Who in Central & East Europe 1933"
Er ging von einem Buch aus, aus dem er einen Hypertext filterte, zu dem
dann das Stück entstand. Später hat die Gruppe ihren Cymbalon-Spieler
gefeiert und mich gefragt, ob ich übernehmen wolle. Da das Instrument
schon perkussiv ist und mir die Musik so wahnsinnig gut fegallen hat, habe
ich zugesagt. Es interessierte mich auch, da ich bis dahin immer der Schlagzeuger
einer Gruppe war. Es war eine interessante Erhfahrung, mit jemand anderem
in "meiner" Role zusammenzuspielen.
Skug:
Ist Dreyblatt seither ein wichtiger Einfluss auf deine Musik?
Jason Kahn:
Er ist ein einfluss in vielerei, nicht nur musikalischer Hinsicht. Als ich
vor kurzem wieder einmal umgezogen bin, habe ich ein altes demotape mit
Solo-Schlagzeug-Stücke von mir gefunden. Die klang schon sehr ähnlich
wie "Drums and Metals", also denke ich, ich hatte diese Musik
schon in mir drin. Es hat dann einfach nur lange gedauert, bis ich sie aufgenommen
habe. Arnolds Musik ist von den Rhythmen her gesehen sehr kompliziert; eigentlich
polyrhythmisch. Ich war letzten Endes froh, dass ich nicht Schlagzeug spielen
musste, weil es so extrem war. Der Schlagtzeuger der Gruppe ist gleichzeitig
in der Rolle des Dirigenten, der die zeitlich nicht näher festgelegten
Akkordwechsel durch ein Zeichen an die Mitmusiker bestimmt. Diese Musik
basiert auf ständig wechselnden Akkorden, die die jeweiligen Teile
bestimmen. Der Schlatgzeuger entscheidet durch seine Signale die variierende
Länge der obendrein polyrhythmischen Teile. Arnold hat das Stück
am Computer komponiert, und es ist für die Musiker nicht gerade leicht,
das umzusetzen. Wenn man auf dem Computer komponiert, eröffnen sich
andere Möglichkeiten als beim manuellen Schreiben. Dreyblatt meinte
immer, der Takt sei nicht 4/4, sonder 1/1, also monorhythmisch.
Skug:
Wirst du wieder bei ihm spielen?
Jason Kahn:
Es ist offen. Die Gruppe, in der ich dabei war, hat sich aufgelöst.
Das Stück war vorbei und Arnold hat viel mit Kunst zu tun. Jetzt macht
er zwar wieder Musik, aber ich bin nicht mehr in Berlin; das heisst, es
wird schwierig. Von dem Stück wird vielleicht eine Liveaufnahme erscheinen.
Skug:
Spielt er selbst in den Gruppen?
Jason Kahn:
Nicht wirklich, aber manchmal Bass. Er hat immer Instrumente gebaut. Bei
einer Gruppe hat er Bass gespielt (imitiert monotones 1-Ton-Gezupfe).
Skug:
Genau?
Jason Kahn:
Nein, aber das weisst du selbst.
Skug:
Ich dacht immer,
da geht es total um Genauigkeit.
Jason Kahn:
Man muss die Akkordwechsel treffen, dicht spielen. Es ist aber nicht wei
bei Philip Glass oder Steve Reich, wo es wirklich exakt sein muss. Wenn
Arnold selbst spielt, ist es nicht genau. Das bleibt den anderen Musikern
vorbehalten.
Skug:
Was war dein Ansatz bei "Drums
and Metals"?
Jason Kahn:
Grob gesagt sind es Kompositionen. Es gibt keine Partitur, sie sind nicht
festgelegt. Wenn ich sie live spielen würde, dann klängen sie
so wie auf der CD. Das erste Stück ist schon bewusst für Glocken
und Snare gespielt. Ich habe schon lange, bevor ich die CD aufgenommen habe,
Solo-Schlagzeug gespielt. Manchmal ein Stück nur auf der Snaredrum,
dann wieder nur auf den Becken. Die CD habe ich ohne Overdubs live eingespielt,
meistens in nur einem oder zwei Takes. Auf der CD ist alles akustisch, mit
Mikrofonen aufgenommen. Beim Mischen haben wir kein Effekte verwende, höchstens
EQ. Aufgenommen habe ich sie in Frankreich, wo Chris Cutler ein Haus mit
Studio hat. Bob Drake ist dort der Tontechniker und er ist wirklich gut.
Sie haben super Mikorphone und es hat einfach gut geklungen. Es war nicht
so aufwendig; ich musste die ganze Arbeit machen!
Skug: Besitzt du noch deine alten Platten?
Jason Kahn:
Alles verkauft, leider. Joe Baiza hat alles. Es ist mir jetzt nicht mehr
so wichtig. Ich bin so oft umgezogen; mit Büchern, Platten und dem
ganzen Materiellen geht es einfach nicht. Bei der Musik ist es das selbe.
Ich mag neue Sachen ausprobieren und nicht in einer Schublade hängenbleiben.
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